Schweine auf hoher See
Ich freue mich, dass Gastautor Wassos Andrikopoulos über Schweine auf hoher See berichtet. Sein Gastbeitrag beruht auf der Überfahrt mit der Superfast II von Italien nach Griechenland.
Die Bilder zu diesem Beitrag stammen ebenfalls von Wassos. Ich bedanke mich dafür, dass er dem Hellas Blog Text und Fotos zur Verfügung gestellt hat.
Gastbeitrag über Schweine auf hoher See
Liebe Freunde, ich habe heute das große Los gezogen: Meine Fähre nach Griechenland ist gleichzeitig ein schwimmender Schweinetransporter.

Mission: Gyros-Nachschub für Hellas!
Die polnischen Schweine stehen derweil stoisch in der prallen Sonne, die Ventilatoren ausgeschaltet – vermutlich, um Strom zu sparen, falls noch jemand sein Handy laden will. Ich frage mich: Muss man Schweine wirklich erst quer durch Europa gondeln, damit ich in Athen ein Gyros bekomme?
Und so sieht sie aus, die Lieferkette der Globalisierung:
- Schwein aus Polen
- Gewürzt und gegrillt von einem Pakistani
- Abgerechnet von einem Griechen an der Kasse
- Ausgeliefert von einem albanischen Motorradfahrer
- Transportiert von einer italienischen Reederei
Wenn Aristoteles das wüsste, er würde sofort einen neuen Traktat schreiben: De Gyros Universalis.
Ich aber denke mir: Wenn schon Schweine durchs Mare Nostrum schippern, dann doch bitte gleich stilecht – als Neuauflage der „Muppet Show“: Schweine im Weltraum! Nur diesmal: Schweine auf Odyssee.
Aus purer Verzweiflung habe ich das Bordrestaurant getestet. Spaghetti mit Tomatensoße – ein kulinarischer Flashback in meine Studentenzeit und die Truppenküche bei der Bundeswehr. Nur, dass die Nudeln hier wahrscheinlich auch einmal um die halbe Welt gereist sind, bevor sie al dente ins Wasser fielen. Globalisierung schmeckt eben manchmal nach Ketchup.
LKW-Fahrer, Götter und ein fliegendes Zirkuszelt
Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass es auf diesen Fährschiffen eine unsichtbare Macht gibt: die LKW-Fahrer.

Sie erhalten großzügige Plätze im Restaurant, doppelte Portionen beim Essen – und die Ouzo-Flasche steht selbstverständlich griffbereit auf dem Tisch. Ihre Stimmen hört man bis zum Ende des Schiffes, und wenn man genau hinschaut, erkennt man Zeus und Aristoteles, wie sie tief in die Gläser blicken. Hauptsache, die Fahrer kommen heute Abend zielgerichtet in Igoumenitsa oder Patras an.
Was man an Bord außerdem mitbekommt: internationale Liebesdamen im Transit. Wer ein wenig griechisch, italienisch oder auch slawische Sprachen versteht, hört spannende Dialoge – von Liebeslyrik bis zur Preisliste, alles inklusive. Für den, der nur Bahnhof versteht, reicht notfalls auch ein charmantes Schwäbisch oder blondes Schweigen.
Schweine auf hoher See sind nur ein Teil der nautischen Realität
Und so begreife ich: Die Welt ist tatsächlich ein großes Zirkuszelt, in dem jeder seine Rolle spielt. Selbst meine Überfahrt nach Griechenland wirkt wie eine Episode aus einem überdrehten Varieté: Schweine im Frachtraum, Philosophen am Ouzo, Lastwagenfahrer mit göttlichem Fressvorteil und internationale Damen in der Bord-Lounge.
Vergesst den Frappé – ich liebe das Spektakel. Hier wird das Mare Nostrum zum Manege Nostrum.