Bemalter Abguss der Winckelmann Artemis
Im Liebieghaus habe ich einen bemalten Abguss der so genannten Winckelmann Artemis gesehen. Das Original steht im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel.
Schau Dir den Abguss der Winckelmann Artemis in Frankfurt an
Das Liebieghaus in Frankfurt hat keine echte Abgusssammlung. Es hat eine tolle echte Skulpturen, die einen Zeitraum von der Antike bis in die Neuzeit abdecken.

Das Original der Winckelmann Artemis ist im Jahr 1760 in Pompeji entdeckt worden, im Liebighaus kannst Du einen bemalten Abguss sehen. Das Original steht im Archäologischen Nationalmuseum Neapel und hat die Inventarnummer IN 6008.
Ausgräber haben die Statue am 19. Juli 1760 bei Ausgrabungen in Pompeji gefunden. Pompeji war im Jahr 79 n.Chr. durch einen Ausbruch des Vesuv verschüttet worden. Die Asche des Vulkans hat die Statue konserviert und sehr gut erhalten. Zum großen Erstaunen der Finder war sie bemalt. Im Grabungstagebuch ist erwähnt, dass die Arme hautfarben waren.
Bis dahin herrschte die Vorstellung vor, dass die Statuen der antiken Römer und Griechen unbemalt und weiß wie ihr Marmor gewesen seien.
Eineinhalb Jahre später sah Johann Joachim Winckelmann die Statue. In seinen Notizen äußerte er sich zur Bemalung. Was er schreibt, wird wie folgt zitiert: Die Haare der Hetrurischen Diana waren gelb gefärbet, auch die Augäpfel waren gemahlet. Der Riem des Köchers ist roth. Der äußere kleine Rand des Gewandes ist gelb und schmal, auf dem breiten rothen Streifen sind weiße Blumen gemahlet. An ihrem Diadema, welches rund um den Kopf gehet, sind 10 Rosen erhaben, roth gemahlet.“
Winckelmann kam die bemalte Staue „ungriechisch“ vor. Zunächst nahm er an, dass es sich um eine etruskische Kopie handeln könnte. Er erkannte jedoch, dass dem nicht so war. Er ordnete sie dem ältesten Stil der griechischen Kunst zu, der archaischen Epoche.
Heute ist bekannt, dass die Statue im 1. Jahrhundert v.Chr. entstanden ist. Ein griechischer oder römischer Kunstler hat sie nach dem Vorbild archaischer Statuen geschaffen. Dieser Stil war damals sehr beliebt, was bis in die Regierungszeit von Augustus anhielt.
Die bemalte Statue der Artemis
Die Winckelmann-Artemis ist 116 cm groß. Ich finde, dass die Göttin sehr dynamisch wirkt. Sie schreitet stolz, auf ihrem Rücken befindet sich der Köcher. Als Göttin der Jagd braucht sie ihn. Sie trägt eine wunderschöne Sandale und ihre Haare in einer Frisur, die man Krobylos nennt. Schaut Euch die Details auf weiteren Bildern an.



Die Frankfurter Archäologen Ulrike Koch-Brinkmann und ihr Mann Vinzenz Brinkmann haben die Farbpigmente der Artemis erforscht. Was Winckelmann und seinen Zeitgenossen gelb vorgekommen war, ist es in der Antike nicht gewesen.
Winckelmann hat die Farbigkeit antiker Statuen bestätigt
In der Renaissance haben die Menschen die Kultur der griechischen und römischen Antike wiederentdeckt. Es gab zahlreiche Skulpturen, welche die Zeiten überdauert haben. Farbe war nicht auf ihnen.
Tolle neue Skulpturen wurden hergestellt. Griechische und römische Kunst war das Vorbild, Und deren Skulpturen waren ohne jeden Farbauftrag. Das sah man doch.
Die Idee, dass antike Kunstwerke bemalt gewesen sein könnten, kam gar nicht erst auf. Dass in Pompeji eine Artemis ans Tageslicht kam, die polychrom war, stelle den bisherigen Konsens über antike Kunst auf den Kopf.
Auch Winckelmann hatte seine Schwierigkeit, zu akzeptieren, was er mit eigenen Augen gesehen hatte.
Schließlich aber tat er das.
In seiner 1764 erschienenen Geschichte der Kunst des Altertums schriebt Winckelmann:
Farbe trägt zur Schönheit bei, ist aber nicht die Schönheit selbst, obwohl sie im Allgemeinen die Schönheit und ihre Formen verstärkt. Da Weiß die Farbe ist, die die meisten Lichtstrahlen reflektiert und daher am leichtesten wahrgenommen wird, wird ein schöner Körper umso schöner sein, je weißer er ist, und nackt wird er dadurch größer erscheinen, als er tatsächlich ist, so wie alle neu geformten Gipsfiguren größer erscheinen als die Statuen, von denen sie gegossen wurden.
Das wurde lange so verstanden, dass Winckelmann der Meinung war, die antiken Statuen seien unbemalt gewesen. Tatsächlich war er dieser Meinung nicht.
Tatsächlich kann man sagen, dass Winckelmann bekannt gemacht hat, dass Statuen in der Antike farbig bemalt waren. Deutlich später erschien das Werk von Désiré Raoul Rochette, einem französischen Archäologen. Er befasste sich mit Farbe an griechischen und römischen Bauten. Einem Kollegen in Göttingen schickte Rochette einen kolorierten Stich, der Artemis mit goldgelbem Haar und einem weißen Gewand zeigte. Dessen Zickzacksaum war gelb bemalt und mit einem floralen Ornament bemalt.
Wie man am bemalten Abguss der Winckelmann Artemis in Frankfurt sehen kann, wird die Statue dadurch sehr lebendig. So darf man sich wohl die meisten Statuen in der Antike vorstellen.
Wer war Johann Joachim Winckelmann?
Winckelmann (auch Winkelmann geschrieben) kam am 9. Dezember 1717 in Stendal zur Welt. Er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und Kunstgeschichte, was keineswegs vorgezeichnet war. Sein Vater war Schumacher, Winckelmann wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf.

(Bildquelle: Wikipedia)
In seiner Kindheit halt er dem erblindeten Direktor der Lateinschule dabei, im Alltag zurecht zu kommen. Dafür wurde Winckelmann in dessen Haus aufgenommen und gefördert. Er konnte mehrere hervorragende Schulen besuchen und dank Stipendien konnte er sich sowohl Bücher als auch ein Studium leisten. Er nahm an der Universität Halle ein Studium der Theologie auf.
Das schloss er jedoch nicht ab, sondern arbeitete als Hauslehrer bei einer Familie. Später studierte er in Jena Medizin, dann war er wieder Hauslehrer und ab 1743 Konrektor der Lateinschule in Seehausen.
Diese Zeit empfand er als Fron- und Leidenszeit. Nebenbei betrieb er historische, philosophische und sprachwissenschaftliche Studien. 1748 trat er im Schloss Nöthnitz bei Dresden eine Stelle als Bibliothekar an. Dort wurde der päpstliche Nuntius in Sachsen auf ihn aufmerksam, der ihm eine Stelle in Rom anbot. König August III. von Polen war sein Gönner, der Winckelmann finanziell unterstützte. Zunächst zog Winckelmann nach Dresten zu seinem Freund, dem Maler Adam Friedrich Oeser. Dort nahm er Unterricht. Ein anderer berühmter Schüler Oesers war später Johann Wolfgang von Goethe.
1755 zog Winckelmann dann nach Rom. Inzwischen war er zum Katholizismus konvertiert. Er machte Reisen nach Neapel und Pompeji, wo er Grabungen unternahm. In Rom setzte er seine Karriere weiter fort. 1763 machte Papst Clemens XIII. ihn zum Scrittore an der Bibliotheca Vaticana. Im Jahr drauf wurde er auswärtiges Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
Das Ende eines fantastischen Lebens und sein Erbe
1768 fiel er auf einer Reise in Triest einem Mord zum Opfer. Damit endete ein fantastisches, der Wissenschaft gewidmetes Leben.
In Stendal gibt es heute ein Winckelmann-Museum, hinter dem die Winckelmann-Gesellschaft e.V. steht. Das Museum ist Dienstags bis Sonntags zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet. Das Museum steht an der Stelle seines Geburtshauses in der heutigen Winckelmannstraße 36 in Stendal.
Andere Abgüsse der Winckelmann-Artemis
Das erste man habe ich einen bemalten Abguss der von Winckelmann gefundenen Artemis in der Abgusssammlung Göttingen gesehen. Auch im Winckelmann-Museum von Stendal steht eine. Man muss also nicht nach Frankfurt reisen, um die Statue zu sehen. Das geht auch in Göttingen und Stendal.
Video über bunte Götter in der Antike
Zum Abschluss möchte ich Euch auf ein Video hinweisen, welches das Liebieghaus auf seinem YouTube Kanal veröffentlicht hat. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Anschauen.
