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Zwischen Heimat und Fremde

Das Buch Zwischen Heimat und Fremde ist im Verlag der Griechenland Zeitung erschienen. Es behandelt die Geschichten von Markos-Kindern. Diese Kinder sind ein nicht so bekanntes Kapitel der deutsch-griechischen Beziehungen.

Was sind die Markos-Kinder?

Um zu verstehen, worum es geht, müssen wir nach Griechenland kurz nach Ende des 2. Weltkriegs blicken. Das Land ist innerlich zerrissen. Es es sollte schlimmer kommen.

Zwischen Heimat und Fremde
Zwischen Heimat und Fremde

Zwischen 1946 und 1949 tobte in Griechenland der Bürgerkrieg. Auf der einen Seite standen kommunistische Kräfte, die anderen hingen eher faschistischen oder monarchistischen Vorstellungen an. Ganz so plakativ ist es aber nicht. Die Konflikte verliefen quer durch die Familien und haben auch viele Aspekte jenseits des Politischen. Die Geschichte dieses Konflikts möchte ich hier nicht darstellen. Das würde den Rahmen einer Buchbesprechung sprengen.

Wichtig ist aber zu wissen, dass der Bürgerkrieg vor allem in Nord- und Mittelgriechenland ausgetragen wurde. Die Bevölkerung litt sehr, die Konflikte und Buchlinien gingen teils sogar durch Familien.

Die kommunistischen Kämpfer sahen dieses Leid. Sie wollten vor allem die Kinder der Familien schützen, die sich ihnen angeschlossen hatten. Unter dem Kommando von Markos Vafiadis brachten sie tausende Kinder in andere sozialistische Staaten. Oft kamen sie zunächst nach Jugoslawien. Viele dieser Kinder brachte man dann in andere sozialistische Länder.

Eines dieser Länder war der von Kommunisten beherrschte Teil Deutschlands, die DDR. Etwa 1.100 dieser Kinder fanden in Deutschland eine neue Heimat. Viele von ihnen landeten in Leipzig oder anderen Orten in Sachsen. Ein großer Teil lebt bis heute in unserem Land und hat bei uns eine neue Heimat gefunden. Das sind die Markos-Kinder, um die es in Zwischen Heimat und Fremde geht.

Die Geschichten der Markoskinder

Über tausend Kinder kamen also nach Deutschland und mussten hier wohl oder übel eine neue Heimat finden. Einigen von ihnen gelang das sehr gut. Andere hatten ihre Schwierigkeiten. Susanne Grütz und Kostas Kipouros haben 27 Geschichten zusammengetragen, die damalige Kinder für dieses Buch verfasst haben.

Das Schöne: Die Leser bekommen nicht nur einen deutschen Text. Der Untertitel des Buchs lautet Ανάμεσα σε πατρίδα και ξενιτά (Anamesa se patridia kä xenita). Und der Untertitel hält, was er verspricht. Das Buch ist vollständig zweisprachig. Auch griechisch sprachige Leser können so alles verstehen, was die Betroffenen aus ihrem Leben erzählen.

Dimitrios

Da ist zum Beispiel Dimitrios (Seite 54), der am Evros lebte und dessen Familie sich mit der Zucht von Seidenraupen ernährte. Sein Vater und sein Onkel kämpften bei den Partisanen. Seine Mutter wurde ins Gefängnis gesperrt, jedoch auf „Bewährung“ entlassen. Am Silvesterabend 1948 begann die Flucht. Sie gelang – zunächst nach Bulgarien. Im Sommer 1950 ging es dann weiter nach Deutschland. Er kam nach Radebeul, wo der Deutsch lernte und zur Schule ging. Es gab sogar die Chance, das Abitur machen. Ein Lehrer – Herr Ringen – engagierte sich für die 18 ausgewählten Kinder. Und er schaffte es, schloss Freundschaft auch mit deutschen Kindern und durfte später sogar Chemie studieren. Die Eltern sah er erst 1955 wieder, und Griechenland durfte er 1978 zum ersten Mal wiedersehen. Aber Deutschland blieb seine neue Heimat.

Sacharoula

Dann ist da Sacharoula, die aus dem kleinen Dorf Langada in Epirus stammt. Ihre Flucht war dramatisch. Sie brach gemeinsam mit ihrem Vater auf, zunächst ins Nachbardorf. Dort gab es einen Angriff der Royalisten, bei dem ihr Vater getötet wurde. Das war im Jahr 1949. Sacharoula war noch keine 10 Jahre alt, sie setzte ihre Flucht alleine fort. Schließlich landete auch sie in Radebeul. Innerlich blieb sie Griechenland verbunden, wenngleich sie erst 1975 wieder dorthin reisen und ihre Mutter wiedersehen konnte. Mit ihrem deutschen Lebenspartner Gerhard hat sie dann nach der Wende Griechenland intensiv bereisen und (neu) kennenlernen können.

Geschichten von Flucht und Menschen

Alle Geschichten haben mich sehr berührt. Wenn ich einen Bericht gelesen habe, musste ich recherchieren, woher in Griechenland genau diese Menschen kamen und was sie erlebt haben müssten. Jeder Bericht ist fantastisch, echt und einzigartig. Durch meinen Vater – der selbst Sachse ist und als Flüchtling aus der DDR in den Westen kam – ahne ich, was diese „neuen Sachsen“ innerlich durchgemacht haben. Sie sind eine Bereicherung für Deutschland. Alle Geschichten erzählen nicht nur von Flucht. Sie erzählen vor allem von wundervollen Menschen.

Rolands Meinung zu Zwischen Heimat und Fremde

Dieses Buch ist eine Truhe mit 27 wertvollen Schätzen. So viele Erzählungen beinhaltet es, so viele Biografien, so viele Erlebnisse und so viel Geschichte.

Ganz ehrlich: Zwischen Heimat und Fremde hat mich gepackt. Ganz tief in mir hat jede Geschichte etwas ausgelöst. Ich konnte nicht einfach weiterlesen, wenn ich mit einer Geschichte durch war. So oberflächlich funktioniert das nicht. Ich habe mir auf der Landkarte angeschaut, wohin es die Kinder jeweils verschlagen hatte. Versucht habe ich, mir die damaligen Zeitumstände vorzustellen und das Gelesene einzuordnen. Jede Geschichte hat in mir etwas ausgelöst.

Eigentlich wollte ich diese Besprechung viel zeitnäher schreiben. Das hat nicht funktioniert. Beim Verlag der Griechenlandzeitung möchte ich mich dafür entschuldigen. Dieses Buch ist einfach zu gut, berührend und auch spannend.

Bist Du ein Griechenland-Fan, ein Mensch mit Herz und jemand, der sich für deutsch-griechische Geschichten interessiert? Dann ist dieses Buch etwas für Dich. Und falls Du so jemanden kennst, ist dieses Buch das ideale Geschenk.

Über die Autoren

Das Buch stammt von Kostas Kipuros und Suanne Grütz.

Kostas Kipuros

Kostas ist ein Kind politischer Immigranten aus Griechenland, die in die damalige DDR kamen. Er wuchs in den 1960er Jahren in Radebeul und Leipzig auf. Für seine Eltern bedeutete die DDR ein Exil. Griechenland blieb ihre Heimat. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch seiner griechischen Großeltern, die 1964 in die DDR kamen. Das sollte das einzige mal bleiben, dass Kostas sie sieht.

Suanne Grütz und Kostas Kipuros
Suanne Grütz und Kostas Kipuros
(Bildquelle: Evangelische Kirche Bad Schmiedeberg)

Kostas geht seinen Weg in der DDR. Er schließt die Schule ab und kann beim Berliner Rundfunk ein Volontariat machen. Anschließend darf er in Leipzig studieren und beginnt 1979 als Redakteur bei der Leipziger Volkszeitung. Die untersteht der SED-Bezirksleitung und vertritt die Linie der Partei. Er sieht die Widersprüche, die das mit sich bringt. Seine Freiheit findet er in der Musik, er spielt in einer Band. Als seine Eltern 1987 nach Griechenland zurück gingen, entschloss Kostas sich zum bleiben. Familiär war das eine schwierige Situation.

Die Wende 1989 verfolgt der Journalist mit Interesse und Hoffnung. Nach dem Fall der Mauer löst die Leipziger Volkszeitung sich von der SED. Kostas übernimmt jetzt die Leitung des Ressorts Außenpolitik. Er bleibt bei der Zeitung, auch nachdem sie von Springer und Madsack übernommen wurde. Bis 2016 bleibt er Redaktionsmitglied und geht dann in den Ruhestand. Heute lebt er in Leipzig und widmet sich seinen Projekten und vor allem der Musik. Auch mit Susanne Grütz spielt er in einer Band.

Susanne Grütz

Susanne stammt aus Halle an der Saale. Seit 1977 lebt sie in Leipzig. Erlernt hat sie den Beruf der Schneiderin. Ihre Leidenschaft ist aber die Bühne. Seit 1984 ist Susanne sängerisch und schauspielerisch tätig. Ihren Durchbruch in der DDR schaffte sie 1985 mit mehreren Preisen beim nationalen Chanson-Festival in Frankfurt an der Oder.

So arbeitet mit vielen Musikern und Komponisten zusammen. Auch für Susanne bedeutet die Wende 1989 ein Aufbruch. Mit ihrer eigenen Band „Suzie Fox“ tritt sie auf, und auch in vielen anderen Formationen ist Susanne auf der Bühne aktiv. Sie ist Musikerin mit Leib und Seele, ihr Repertoire ist der vielfältig.

Aber sie ist mehr als nur eine Sängerin. Als Gesangs- und Stimmbildnerin unterstützt sie andere bei dem Schritten auf die Bühne. Als gelernte Schneiderin berät sie auch in Sachen Outfit. Ihre Bühnengarderobe kreiert sie selbst und unterstützt auch andere.

Wenn Du magst, besuch doch einfach mal Susannes Homepage oder ihren YouTube Kanal.

Wo kann ich „Zwischen Heimat und Fremde“ kaufen?

Du bekommst dieses Buch prinzipiell in jeder Buchhandlung und auch im Online-Handel. In der Handlung vor Ort wirst Du wahrscheinlich es aber bestellen müssen. Das sollte aber kein Problem sein. Im Buchshop der Griechenland Zeitung kannst Du es auch direkt bestellen.

Auf seiner Homepage findest Du auch Informationen und Leseproben zum Buch.

Möchtest Du das Buch kaufen, dann brauchst Du diese Informationen:

  • Zwischen Heimat und Fremde
  • von Kostas Kipuros und Suanne Grütz
  • erschienen: 1. Dezember 2024
  • ISBN: 978-3990210543
  • Das Buch ist erschienen im Verlag der Griechenland Zeitung
  • Preis: 24,80 Euro
  • 311 Seiten

Mich hat das Buch wirklich sehr berührt. Als ich es bekam dachte ich, dass ich schnell mal eben eine Rezension schreibe. Weit gefehlt. Jede Seite und jedes der darin enthaltenen Erlebnisse früherer Markos-Kinder haben mich sehr berührt.

Susanne und Kostas haben einen Dokumentarfilm zu „Zwischen Heimat und Fremde“ gedreht. Du kannst ihn Dir auf Susannes YouTube Kanal anschauen. Er ist eine fantastische Ergänzung zum Buch.

Roland Richter

geboren 1969 in Hannover, Jurist und Griechenland-Fan

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