AthenKultur

Spurlos in Athen

Am letzten Samstag (25.02.2023) um 20.15 Uhr zeigte die ARD einen Thriller, der in der griechischen Hauptstadt spielt: Spurlos in Athen. Ich habe im Hellas Blog und auf Facebook für diesen Film geworben. Viele Leute haben sich den Film daraufhin angeschaut und waren enttäuscht. Daher ergänze ich heute meinen Beitrag zu Spurlos in Athen.

Bis zum 27.03.2023 war Spurlos in Athen in der ARD Mediathek verfügbar. Wer den Film nicht gesehen hat, konnte ihn sich dort noch anschauen.

Rolands Filmkritik an „Spurlos in Athen“

Ich habe die Eindrücke vom Film über den Sonntag auf mich wirken lassen. Jetzt kommt meine Kritik.

Ich fand den Film spannend gemacht. Als Abendunterhaltung gibt es schlechteres. Die Story… naja, da waren einige unlogische Passagen. Dazu mehr unten.

Regie, Schnitt, Kamera sind gut

Schnitt, Regie und Kamera sind gut, die Schauspieler auch. Zudem sind einige griechische Schauspieler zu sehen, was in Deutschland ja nicht so oft der Fall ist. Ausdrückliches Lob geht an die Kamera (Andrés Marder) und die Regie (Roland Suso Richter). Im Zusammenspiel mit der Musik von Andrej Melita ist ein Thriller entstanden, der mich gut unterhalten hat. Die Schauspieler waren toll. Ich habe mich sehr gefreut, dass auch Schauspieler aus Griechenland zu sehen waren, die in deutschen Produktionen sonst kaum auftauchen.

Lokalkolorit: Es ist viel Athen zu sehen

Das Lokalkolorit kam nicht zu kurz. Es waren wirklich schöne Bilder von Athen zu sehen. Die nicht so schönen Seiten der Stadtarchitektur hatten ebenfalls ihren Platz. Der Mix war sehr gut. Die Leute, die sich in Athen um die Locations zu kümmern hatten, haben ihren Job wirklich gut gemacht.

Monastiraki in Athen: Die Tsisdarakis-Moschee (rechts) und die Metro-Station (links). Im Hintergrund die Akropolis.
Monastiraki in Athen: Die Tsisdarakis-Moschee (rechts) und die Metro-Station (links). Im Hintergrund die Akropolis.

Ab und an musste ich schmunzeln, als Orte zusammengeschnitten waren, die nicht beieinander liegen. Ein Beispiel: Marlene Neubach traf sich mit ihrem Sohn Jakob am Bahnsteig der Metrostation Victoria. Als sie hoch ging, kam sie aus dem Eingang der Metrostation am Monastikari ins Freie (Minute 39:43 im Film). Für mich ist das völlig okay. Solche Zusammenschnitte kenne ich aus vielen Filmen und Serien. Im Zentrum stehen ja die Unterhaltung der Zuschauer und die Geschichte, die erzählt wird.

Jetzt komme ich zu den Punkten, die ich kritisch finde.

Die vielen fremdsprachigen Passagen im Film

Die vielen fremdsprachigen Passagen empfand ich als Zumutung. Mein Englisch reicht, so dass ich keine Untertitel lesen musste. Aber für Samstagabend Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geht das nicht. Ja, mit den fremdsprachigen Passagen erzeugt man den Eindruck von Authentizität. Aber es geht eben darum, mit dem Film das deutschsprachige Zielpublikum zu unterhalten. Und den vielen unserer Landsleute fällt es schwer, eine ausländische Sprache fließend zu verstehen. Das Lesen von Untertiteln ist auch nicht jedermanns Sache. Und bei einigen englischsprachigen Stellen habe ich auch keine Untertitel wahr genommen (z.B. als Marlene aus der Metro-Station kommt und einen Passanten fragt, ob er einen Jungen aus der Station kommen und wegrennen sah. Ganz ehrlich: So geht es nicht. Und wenn man mit Untertitel arbeitet, sollten die auch besser zu lesen sein. Weiße Schrift auf hellem Grund geht gar nicht. Achtet bitte auf den Kontrast.

Das Drehbuch ist großer Mist!

Jetzt komme ich zu der großen Schwäche des Films: Das Drehbuch… die Geschichte… der Plot.

Ich kann es drehen und wenden wie ich will. Der Aufhänger dieser Geschichte war Mist!

Es wurden Bilder von toten Flüchtlingen gezeigt, die aus dem Mittelmeer an das Land gespült worden sind. Das Bild erinnert an den tragischen Fall des Kindes Alan Kurdi. Dass die Flüchtlingspassagen über das Meer gefährlich sind, und dass immer wieder Menschen ertrinken, ist eine traurige Wahrheit. Und dass es Pushbacks gibt, die sehr umstritten sind, ist auch bekannt. Aus all dem hätte man einen guten und spannenden Thriller machen können. Das ist dem Drehbuchautoren Gernot Krää aber völlig misslungen.

Aufhänger der Story war, dass der griechische Grenzschutz absichtlich das Kentern der Flüchtlingsboote herbeiführt und ebenfalls absichtlich dafür sorgt, dass die Menschen an Bord ertrinken. Das alles mit Billigung der griechischen Regierung. Diese hat den Geheimdienst auf die Kritiker angesetzt und vor allem auf die Aktivisten-Organisation Nemesis, der sich Jakob und seine Freundin Eleni angeschlossen haben. Und der Geheimdienst schreckt in diesem Zusammenhang weder vor Mord zurück (das passiert am Anfang des Films), noch davor, den Aktivisten Drogen in die Sachen zu stecken um sie wegen eines Betäubungsmitteldelikts aus dem Verkehr ziehen zu können.

Dieser Plot ist schlicht und ergreifend eine Beleidigung der griechischen Regierung und des griechischen Volkes. In irgend einer woken Blase mag man sich damit wohl fühlen und sich einbilden, dass so ein Vorwurf der Wirklichkeit entspräche. Das ist aber ganz sicher nicht der Fall.

Das Buch scheitert an der Umsetzung des Themas der Geschichte

Das Buch hat sich ein spannendes und kontroverses Thema gesucht und ist völlig dabei gescheitert, es in eine realistische Story umzusetzen.

Die Geschichte hatte auch noch andere Schwächen. Vor allem war ihre Entwicklung ab einem gewissen Punkt vorhersehbar. Die Figur der Marlene Neubach war nicht glaubwürdig. In Deutschland tritt sie als stramme Jugendrichterin auf, die Recht und Gesetz durchsetzt. In Athen ist sie das blonde Dummchen, das den Unterschied zwischen einer Polizeistation und dem Büro des Geheimdienstes nicht erkennt und teilweise völlig naiv agiert.

Noch ein weiteres: Die Aktivisten, denen Jakob und Eleni sich angeschlossen haben, wollen das Vorgehen des griechischen Grenzschutzes filmen und öffentlich machen. In diesem Zusammenhang haben sie einen niederländischen Soldaten angeheuert. Schon diese Konstruktion der Aktivitäten zeigt, wie schlecht das Drehbuch war. Ein gutes Drehbuch hätte die Protagonisten in einen Konflikt geführt, den sie nicht wollten und den sie nur unter größten Kraftanstrengungen überwinden.

Das Finale ging nur gut aus, weil der dubiose Anwalt Alexandros Demetriou – der in Wahrheit ein türkischer Geheimagent namens Ibrahim ist – den türkischen Geheimagenten erschießt, der sich als Bootskommandant in das Kommando der Aktivisten um Jakob und Eleni eingeschleust hat. Wie Alexandros das macht, nachdem Marlene und Eleni ihm in der Nacht zuvor seine Pistole weggenommen haben, bleibt ein Rätsel.

Das mit der Pistole ist nur einer der vielen kleinen Widersprüche im Film, die mir aufgefallen sind. Auf die möchte ich jetzt aber nicht mehr eingehen.

Trotz des Buchs ist der Film eine gute Unterhaltung

Der Film ist trotz des mangelhaften Drehbuchs eine gute Unterhaltung. Das liegt ganz klar auch an den hervorragenden Schauspielern. Silke Bodenbender hat die Figur der Marlene Neubach so glaubwürdig gespielt, dass ich ihr alles abgenommen habe. Selbst die Widersprüche in der Entwicklung ihrer Figur. Ihre hervorragende Leistung hat über die Schwächen der Geschichte hinweg geholfen und den Film zu einem guten Teil gerettet. Auch Chara Mata Giannatou fand ich in der Rolle der Eleni glaubwürdig. Tom Gronau verkörperte Jakob. Seine wenigen Auftritte und das, was das Drehbuch dem Jakob zu sagen vorgab, ließen ihm keine Chance die Figur richtig zu entwickeln. Das ist schade. Für mich ist Tom Gronau klar ein Opfer der Geschichte. Mit diesem Schauspieler wäre so viel mehr möglich gewesen.

Was die Geschichte gerettet hat, waren die Leistungen der Regie, Musik und der Kamera. Roland Suso Richter, Andrés Marder und Andrej Melita beherrschen ihr Handwerk. Aus einem Drehbuch mit echten Schwächen trotzdem einen guten Thriller zu machen, das ist hohe Kunst. Sie und ihre vielen Mitstreiter beherrschen diese Kunst.

Den Film empfehle ich guten Gewissens. Bitte seht über die Schwächen des Drehbuchs hinweg, genießt Athen und lasst Euch von den Schauspielern und den vielen guten Leuten im Hintergrund unterhalten.

Mein Beitrag vom 20. Februar zu Spurlos in Athen

Athen: Ermou
Athen: Ermou

Ich mag Filme von Roland Suso Richter, nicht nur seines Namens wegen. Seine Geschichten sind einfach gut erzählt. Deshalb freue ich mich auf den 2023 fertig gestellten zweiten Teil der Spurlos-Reihe aus der Feder von Gernot Krää.

In der Spurlos-Reihe geht es um einen Horror: Von einem geliebten Menschen fehlt jede Spur.

Wo ist dieser Mensch geblieben? Was ist mit ihm geschehen? Die Suche nach ihm deckt ein Geheimnis auf, das eigentlich verdeckt bleiben sollte…

Spurlos in Athen ist der zweite Teil der Reihe. Der erste Teil war Spurlos in Marseille, der im März 2022 ausgestrahlt worden ist. Den habe ich damals gesehen und erinnere mich gut. Der Film war sehr spannend und unterhaltsam.

Das Buch auch des ersten Teils stammte ebenfalls Gernot Krää. Roland Suso Richter führte auch da die Regie. Dass die beiden hinter Spurlos in Athen stehen, ist für mich ein sehr gutes Zeichen. Dieser Thriller verspricht eine spannende Unterhaltung. Auch die Geschichte klingt für mich aktuell.

In diesen Beitrag habe ich keine Fotos aus dem Film eingebunden. Ich respektiere das Urheberrecht an den Bildern. Das Bild der Ermou habe ich bei einem meiner Aufenthalte in Athen gemacht. Es hat mit dem Film nichts zu tun. Auf der Seite der ARD sind einige Fotos veröffentlicht, die ich Dir empfehlen möchte.

Worum geht es bei Spurlos in Athen?

Jakob Neubach studiert über das Erasmus-Programm in Athen. Seine Mutter Marlene ist Jugendrichterin. Als sie ihn in Athen besuchen will, erlebt sie eine böse Überraschung: Seit drei Monaten ist Jakob verschwunden.

An der Uni war er nicht mehr, auch in seiner Studentenbude wohnt er nicht mehr. Wo Jakob abgeblieben ist, weiß zunächst einmal niemand.

Schnell merkt Marlene, dass sie sich bei der Suche nach ihrem Sohn weder auf das Gesetz noch auf die Polizei verlassen kann. Letztere ist in Gestalt von Kommissar Vergas auf der Suche nach Jakob. Ihm werden illegale Aktivitäten vorgeworfen. Dass ihr Sohn in Griechenland zum Straftäter mutiert ist, kann die deutsche Richterin sich absolut nicht vorstellen.

Zufällig lernt sie Alexandros kennen, der sich als Anwalt anbietet. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Jakob in Athen.

Kann sie der Polizei trauen? Angeblich soll Jakob einer kriminellen Aktivistengruppe angehören. Marlene lernt Jakobs Freundin Eleni kennen. Von dieser erfährt sie, dass sich Jakob politischen Aktivitäten verschrieben habe.

Um ihren Sohn zu finden und ihm zu helfen, wirft Marlene viele Prinzipien über Bord, die ihr als Richterin eigentlich heilig sein sollte. Sie setzt auf Mittel, die sie selbst in ihrem deutschen Gerichtssaal niemals akzeptieren würde…

Wer wirkt bei Spurlos in Athen mit?

Die Akropolis in Athen
Die Akropolis ist auch im Film zu sehen

Dies ist eine Auswahl aus den Figuren, die in Spurlos in Athen auftreten:

Viele der Schauspieler habe ich schon in anderen Filmen und Serien gesehen und finde sie gut.

Dies sind andere Mitwirkende, ohne deren Arbeit im Hintergrund es Spurlos in Athen nicht geben würde:

Spurlos in Athen ist eine Produktion von der Lailaps Films GmbH in München.

Mehr über den Film und andere Mitwirkende erfährst Du auf der Seite von detego zu Spurlos in Athen. Die ARD schreibt, dass Spurlos in Athen ein Jahr nach der Erstausstrahlung in der ARD Mediathek verfügbar sei.

Roland Richter

geboren 1969 in Hannover, Jurist und Griechenland-Fan

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