Die deutsch-griechische Freundschaft ist eine Herzensangelegenheit
Wassos Andrikopoulos schreibt in einem Gastbeitrag über die deutsch-griechische Freundschaft, die für ihn eine Herzensangelegenheit ist.
Was macht die Herzensangelegenheit namens deutsch-griechische Freundschaft aus?
Warum gibt es Facebook-Gruppen wie Griechenland von ganzem Herzen, Griechenland aus & mit Leidenschaft oder die Tageschronik Griechenland? Ich gehe davon aus: Es war nicht nur die Gyrosplatte.

Die Verbindung reicht viel weiter zurück, als wir manchmal auf dem Schirm haben.
Sie beginnt schon mit der griechischen Flagge, deren Farben – wie durch ein Band der Geschichte – auch in Bayerns Blau und Weiß leuchten. Ein Symbol für eine alte Verbundenheit: Otto von Wittelsbach, der erste König des modernen Griechenlands, war ein Bayer. Und so begann eine besondere Beziehung.
Die Helden der Antike – ob Latein oder Altgriechisch – begegneten mir nicht in Athen, sondern im deutschen Schulunterricht. Lange bevor TUI und Neckermann unsere Strände entdeckten.
Mavrodaphne, jener süße, dunkle Wein, war oft der erste Gruß aus Hellas auf deutschen Esstischen – samt Mythos, Musik und Melancholie.
Ob Brauereien oder Nationalbanken, Könige oder Kaufleute – wir haben uns begegnet, gestritten, gegründet und geliebt. Wie in einem guten Moussaka: Schichten von Geschichte, Gewürze des Lebens – und oben drüber eine Prise Humor.
Aber es gibt auch bittere Zutaten
Die Besatzung im Zweiten Weltkrieg, tiefe Wunden, wie etwa am 20. Mai, dem Tag der Schlacht um Kreta – ein tragisches Kapitel, das Deutsche und Griechen in Schmerz, aber auch in Erinnerung verbindet.

(Foto: Sabine Kersten-Mutter)
Und dennoch: Wir haben immer wieder zueinander gefunden. Griechenland, ein Land, das unter der Besatzung litt, war mit dabei beim Wiederaufbau Deutschlands.
Die Gastarbeiter kamen – mit ihrer Kultur, ihrem Essen, ihrer Sprache, ihrer Musik. Sie arbeiteten hart – und in ihren Wohnungen standen: Bosch, Siemens, AEG, Grundig, Blaupunkt. „Made in Germany“ war Teil ihres Stolzes. Nicht USA, nicht Britain – sondern Germany.
Der Austausch begann, auch mit Altgriechisch, dem Schulwissen, das auf einmal Leben bekam, wenn man in Athen auf den Spuren von Akropolis, Delphi, Olympia wanderte.
Demokratie, der hippokratische Eid, die Olympischen Spiele – große Wörter, lebendig zwischen Tavernentisch und Tempelsäule.
Manche fuhren als Touristen, andere kamen als Liebende – viele blieben als Familie. Zwischen Melancholie, Euphorie und einem Glas Ouzo entstand oft mehr als nur Urlaub.
Die deutsch-griechische Begegnung ist besonders
Die Begegnung von Deutschen und Griechen ist ganz eigen. Sie ist nicht wie zwischen Briten und Griechen oder Franzosen und Griechen.
Sie ist nah. Sie ist laut. Sie ist herzlich.
Da ist Dimi: ein Frappé geht immer. Oder Georg – halb Grieche, halb Deutscher, voller Hesse und voller Helene. Wolf Rüdiger baut am Rhein Brücken – nicht nur über Wasser, sondern über Welten. Und Thomas spricht mit Herzblut über die Geschichte Griechenlands spricht. Roland schreibt mit totaler Leidenschaft Blogs über Griechenland, die klug, unterhaltsam und tiefgründig sind – und unsere Heimat den Leserinnen und Lesern näherbringen.
Weil Horst Schwarz, Reisejournalist mit Begeisterung, Griechenland gelebt und geliebt hat – mit wachem Blick, ehrlicher Neugier und Respekt für Menschen und Kultur. Und weil Klaus, der leider verstorben ist, mit seinen Artikeln und Beschreibungen ein leuchtender Botschafter Griechenlands war. Seine Worte bleiben. Seine Liebe lebt.
Rehakles und andere
Und dann gibt es da noch einen: Otto Rehhagel.

(Bildquelle: UEFA)
Mit seiner charmant-brummigen Art wurde er zum griechischen Ehrenbürger – und zum Europameistermacher 2004. Ganz Hellas hat’s gefeiert: mit Tanz, mit Tränen – und mit einem Schluck Mavrodaphne.
Und wenn wir schon beim Feiern sind: Udo Jürgens sang vom griechischen Wein, der – seien wir ehrlich – in keiner deutschen Eckkneipe fehlte, wenn’s sentimental wurde. Costa Cordalis besang Anita, irgendwo zwischen Mykonos und Mallorca, und Nana Mouskouri flüsterte uns ein sanftes „Guten Morgen, Sonnenschein“ ins Ohr. Vicky Leandros fuhr mit Theo nach Lodz, aber ihr Herz blieb immer zwischen Bouzouki und Bleistiftrock in Athen.
Diese Lieder waren nicht nur Schlager – sie waren musikalische Mosaiksteine unserer deutsch-griechischen Seele. Schamlos emotional. Herzlich kitschig. Und mit jeder Note ein Stück Freundschaft auf Vinyl.
Natürlich sind wir nicht perfekt. Wir tanzen vielleicht zu viel, essen zu spät, parken kreativ und verabschieden Gesetze, die Germanen verwirren.
Aber wir haben ein Herz.
Ein großes.
Für unsere deutschen Freunde.
Wenn wir manchmal andere Wege gehen – versteht uns. Wir Griechen sind vielleicht temperamentvoll, aber wir sind treu. Wir erinnern uns. An die guten Zeiten. An die schweren.
Und an das, was uns verbindet.
Deshalb gibt es diese Facebook-Gruppen. Deshalb wird gepostet, gekocht, gelacht, diskutiert. Deshalb lebt die Freundschaft. Mit Herz. Mit Seele. Mit Geschichte.
Auf Augenhöhe.