Festland

Der weiße Turm von Thessaloniki

Der Weiße Turm (Λευκός Πύργος = Lefkos Pyrgos) ist das schon weither sichtbare Wahrzeichen von Thessaloniki. Seinen heutigen Namen erhielt der Weiße Turm im Jahr 1912. Im Rahmen des Ersten Balkankriegs haben griechische Truppen Thessaloniki eingenommen. Im Rahmen einer symbolischen Handlung kalkten sie den Turm weiß. Seitdem nennen die Menschen ihn den Weißen Turm.

Eine kurze Geschichte des Weißen Turms

Der Weiße Turm von Thessaloniki - Foto von Maria Laftsidis-Krüger
Der Weiße Turm von Thessaloniki – Foto von Maria Laftsidis-Krüger

Seine Geschichte beginnt im Jahr 1430. Da haben die Osmanen unter Sultan Murad II Thessaloniki erobert.

Der heutige Weiße Turm ist danach errichtet worden, und zwar durch Sultan Süleyman den Prächtigen. Am westlichen und östlichen Ende der Seemauer von Thessaloniki ließ er zwei Türme errichten. Der westliche Turm existiert nicht mehr, den östlichen Turm kennen wir heute als den Weißen Turm.

Ursprünglich diente der Turm zum Abschluss und zur Bewachung des östlichen Endes der Seemauern von Thessaloniki. Schon vor der Eroberung durch die Osmanen stand hier ein byzantinischer Turm.

Der Turm der Osmanen

Wahrscheinlich ist der heutige Turm 1535 oder 1536 fertig gestellt worden. Bis zum Jahr 1912 gab es am Turm eine Inschrift in osmanischem Türkisch, die den Bau auf das Jahr 942 des islamischen Kalenders festlegte, was 1535/36 der christlichen Zeitrechnung entspricht.

Die Osmanen nutzten den Weißen Turm nicht nur als Befestigungsanlage, sondern auch als Unterkunft für Truppen und als Gefängnis. Für die Gefangenen war die Zeit dort oft auch mit Folter verbunden.

Um den weißen Turm herum gab es eine Mauer, welche die Anlage zusätzlich schützte. Das war aufgrund der militärischen Nutzung aus Sicht der Türken notwendig.

Im Rahmen des griechischen Unabhängigkeitskampfes war der Weiße Turm der Ort eines Massakers. Der Freiheitskampf gegen die osmanische Herrschaft war auch in Nordgriechenland ausgebrochen, ist dort jedoch gescheitert. Die türkischen Herrscher machten den Griechen auf sehr brutale Weise klar, dass eine Revolution keine gute Idee ist. Sultan Mahmud II hat 1826 befohlen, die Gefangenen im Weißen Turm zu töten.

In Folge dieser Tat und auch der brutalen Folter an griechischen Gefangenen nannten die Griechen den Komplex „Roter Turm“ oder „Turm des Blutes“.

1912: Der Turm des Blutes wird der Weiße Turm

Der Weiße Turm 1912 (mit der ihn umgebenden Mauer)
1912: Weißer Turm mit Mauer
Quelle: Wikipedia

Als die Griechen unter Kommando des Thronfolgers Konstantin I Thessaloniki erobern und für Griechenland gewinnen konnten, kalkten sie den Turm in einer symbolischen Handlung weiß. Das war Ende 1912.

Dadurch wurde nicht nur der Schreckensort der türkischen Besatzer sichtbar gereinigt. Der Turm erhielt zugleich auch den Namen, unter dem wir ihn heute kennen: Weißer Turm.

Der militärischen Nutzung entsprechend war der Turm von einer Mauer umgeben. Die Griechen haben sie 1917 abgerissen.

Durch das Weißeln des Turms und den Abriss der Mauer haben die Griechen den Ort der türkischen Schreckensherrschaft beseitigt, ohne den Turm abreißen zu müssen.

Ich finde es schön, dass es noch Fotos aus der Zeit vor dem Abriss der Mauer gibt. So kann man sich gut vorstellen, wie die Anlage einst ausgesehen hat. Allerdings verstehe ich auch sehr gut, weshalb die Griechen den Turm weiß gekalkt und von der umgebenden Mauer befreit haben. Auf diese Weise wurde der Ort des Schreckens zu einem positiven Identifikationspunkt für die Menschen in Thessaloniki.

Teile der Mauer sind übrigens 2007/08 wieder freigelegt worden. So kann man auch vor Ort einen Eindruck davon gewinnen, wie die Anlage früher ausgesehen hat.

Der Weiße Turm in neuerer Zeit

Während des Ersten Weltkriegs war im Turm ein Kommunikationszentrum der Alliierten untergebracht. Diese militärische Nutzung blieb auch nach Kriegsende erhalten, wenn auch durch das griechische Militär.

Der Radiopionier Christos Tsingiridis sendete aus dem Weißen Turm am 25. März 1927 seine erste Radiosendung. Dabei nutzte er eine Antenne der griechischen Marine, die auf dem Turm installiert war.

Schließlich wurde der Turm von 1985 bis 1994 für eine Dauerausstellung über Geschichte und Kunst in Thessaloniki genutzt. Nachdem 1994 das Museum für byzantinische Kultur eröffnet hat, sind die Exponate nach und nach dorthin überführt worden. Danach wurde der Turm für verschiedene Ausstellungen genutzt. Er sollte ein kultureller Ort bleiben.

Die Architektur des Weißen Turms

Das Gebäude ist 33 m hoch. Es hat einen Umfang von 70 m und erstreckt sich über 6 Etagen.

Aufgang im Inneren des Weißen Turms - Foto von Maria Laftsidis-Krüger
Aufgang im Inneren des Weißen Turms
Foto von Maria Laftsidis-Krüger

Der Turm besteht auf zwei zylinderförmigen Bauteilen, die aufeinander aufsitzen. Der untere Bauteil ist 27 m hoch, der obere Teil des Turms misst weitere 6 m.

Der obere Teil hat einen viel geringeren Umfang und hat einen großzügigen Rundgang. Dieser ist durch eine Mauer mit Zinnen begrenzt, die das Bild des Turms prägen.

Der obere Teil schließt mit einer Plattform ab, die einen Durchmesser von etwa 10 m hat. Auch sie ist mit einer Mauer umgrenzt, die Zinnen hat.

Die meisten Fensteröffnungen des Turms sind Schießscharten. Das war seiner militärischen Nutzung geschuldet. Schließlich war er als Wehrturm konzipiert.

Innerhalb des Turms führt ein Ganz über die 6 Stockwerke nach oben. Die Stufen sind sehr lang gezogen.

Das Museum im Weißen Turm

Tisch mit Ausstellungsstücken - Foto von Maria Laftsidis-Krüger
Tisch mit Ausstellungsstücken
Foto von Maria Laftsidis-Krüger

Heute befindet sich im Weißen Turm ein kleines Museum. Dieses hat 2008 seine Pforten geöffnet. Im Turm ist eine Dauerausstellung eingerichtet, die den Besucher mitnimmt auf eine historische Reise durch die Geschichte Thessalonikis von ihrer Gründung bis in die Moderne.

Zu sehen sind Skulpturen, Fresken, Fragmente von Mosaikböden, Bilder, Münzen, Töpferware sowie Gegenstände aus Glas und Metall.

Das Museum ist über mehrere Etagen im Weißen Turm verteilt. In jedem Stockwerk gilt die Ausstellung einem anderen Thema aus der Geschichte der Stadt.

Die Meinungen über den kulturellen Wert des Museums sind sehr unterschiedlich. Wer ein Fan von Museen ist, wird vermutlich enttäuscht sein. Die Erläuterungen zu dem, was man sieht, sind nur zum Teil auf Englisch. Es gibt einen deutschen Audioguide, der aber nicht sehr in die Tiefe geht.

Ich selbst finde die Nutzung als Museum gut. Und ich finde es auch in Ordnung, dass ein kleiner Eintritt erhoben wird. Denn auf diese Weise wird der Weiße Turm sehr schön genutzt und die Kosten für den Unterhalt können eingespielt werden.

Einige Besucher meinen, dass sich das beste Ausstellungsstück dieses Museums aber nicht in seinem Inneren befinde. Ganz oben ist ein Balkon, von dem aus man einen herrlichen Blick über die Stadt und das Meer hat.

Wie komme ich zum Weißen Turm?

Der Weiße Turm steht am Ufer des Meeres an der Promenade von Thessaloniki.

Du kannst ihn nicht verfehlen.

Adresse: Leoforos Nikis, Ecke Platia Lefkou Pyrgou (Πλατεία Λευκού Πύργου, Platz des Weißen Turms).

Homepage: Griechisch und Englisch

Kontakt:

Möchtest Du für eine größere Gruppe den Besuch des Weißen Turms organisieren, nimm auf jeden Fall vorab per Telefon Kontakt auf.

Eintritt und Öffnungszeiten des Weißen Turms

Der Weiße Turm ist heute ein öffentliches Museum. Innerhalb der Öffnungszeiten kannst Du ihn gegen Eintritt besuchen.

Eintrittspreis:

  • April bis Oktober: 6 Euro, mit Reduktion 3 Euro
  • November bis März: 3 Euro

Diese Personengruppen zahlen keinen Eintritt:

  • Kinder und Jugendliche aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union bis zu einem Alter von 25 Jahren (Personalausweis bereit halten)
  • Kinder bis 5 Jahre aus Nicht-EU-Staaten
  • Personen, die älter sind als 25 Jahre und die eine Abend- oder Berufsschule besuchen
  • Lehrkräfte, die Klassen begleiten
  • Schwerbehinderte (derzeit mit mindesten 80% anerkanntem Behinderungsgrad)
  • Bestimmte soziale Gruppen

Der Eintritt ist an diesen Tagen für alle Besucher frei:

  • 6. März (Erinnerungstag an Melina Mercouri)
  • 18. April (Internationaler Tag der Denkmäler)
  • 18. Mai (Internationaler Tag der Museen)
  • Letztes Wochenende im September (Europäische Tage des Kulturerbes)
  • November bis März: Jeder erste Sonntag im Monat

Öffnungszeiten:

  • April bis Oktober: 8 Uhr bis 20 Uhr
  • November bis März: 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr

Der Weiße Turm ist an diesen Tagen geschlossen: 1. Januar, 25. März, Ostersonntag, 1. Mai, 25. Dezember, 26. Dezember

Aktuelle Details zu den Öffnungszeiten, Eintrittspreisen und den Gruppen, die vom Eintrittspreis befreit sind stehen auf dieser Seite. Diese Regelungen gelten sowohl für den Weißen Turm als auch für das Byzantinische Museum von Thessaloniki.

Der Weiße Turm ist nicht barrierefrei

Für Menschen mit einer Gehbehinderung ist der Weiße Turm nur bedingt geeignet. Er ist nicht barrierefrei. Die Treppenstufen sind lang und flach. Personen mit Einschränkungen beim Gehen können sie schaffen. Leider ist der Turm für Rollstuhlfahrer nicht geeignet. Da es sich um historische Bausubstanz handelt, wird sich das vermutlich auch nicht ändern lassen.

Roland Richter

geboren 1969 in Hannover, Jurist und Griechenland-Fan

2 Gedanken zu „Der weiße Turm von Thessaloniki

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