Die nachdenkliche Athene
Athene war die Lieblingstochter des Zeus. Sie hatte viele Fähigkeiten und Aufgaben: Athene lenkt die Schlachten, verleiht den Sieg und liebt nicht nur Tapferkeit, sondern auch Klugheit und Besonnenheit. Die ist Quell der geistigen Kraft, aufgrund derer die Griechen sich nicht nur in den Künsten des Krieges, sondern auch des Friedens allen Barbaren überlegen zeigte.
Athene ist Stadtgöttin der nach ihr benannten Stadt Athen, die Akropolis war ihr weit über die Stadt hinaus sichtbares Heiligtum.
Im Akropolis-Museum gibt es ein Relief, dass die Stadtgöttin in einer ganz besonderen Haltung zeigt: nachdenklich.
Das Relief stammt aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. und wurde von einem unbekannten Künstler aus Marmor gefertigt.
Die Stadtgöttin von Athen blickt nachdenklich nach unten. Sie trägt einen korinthischen Helm. Bekleidet ist Athene mit einem dorischen Pelops, unten sind ihre Füße zu sehen. Die Göttin stützt sich auf ihren Speer. Dieser ist am Boden gegen eine Stele gestellt, die kleiner als Athene ist.
Dieses Relief heißt die nachdenkliche Athene. Eine andere Formulierung nachdenken ist über etwas zu sinnen. Daher finde ich in der Literatur auch den Namen die sinnende Athene für dieses Relief. Ich finde, es ist eine wirklich schöne Darstellung der griechischen Göttin. Das Original ist im Akropolis Museum in Athen zu sehen, die Inventarnummer ist 659.
Athene in ungewöhnlicher Haltung
Die nachdenkliche Athene zeigt die Göttin in einer Haltung die wirkt, als würde sie intensiv über irgendetwas nachdenken. Es sieht fast aus, als würde sie meditieren.
Der Kopf ist leicht geneigt und eine Hand an der Wange. Diese Haltung drückt Tiefe und Ernsthaftigkeit aus. Oft wird sie als Symbol der Weisheit und des Nachdenkens interpretiert.
Das finde ich wirklich ungewöhnlich. Als hintergründig sinnierend und abwägend tritt sie in den Mythen nicht unbedingt in Erscheinung. Sie konnte jähzornig und gemein sein. Das musste Arachne erleben, die Athene in der Webkunst übertreffen wollte. Die Göttin hat sie deshalb in eine Spinne verwandelt, was nun wirklich nicht nett war.
In der Antike war dieses Relief kein blanker Marmor, wie wir es heute sehen. Es war bemalt, und zwar mit bunten Farben.
Einen sehr gelungenen Versuch der Rekonstruktion habe ich in der Sammlung der Gipsabgüsse antiker Skulpturen in Göttingen gesehen. Diese Sammlung ist Teil des Archäologischen Instituts und an Sonntagen für das Publikum geöffnet.
Wir sehen Athene in einem leuchtend roten Kleid. Ihr Helm ist aus Gold, auch die Haut wirkt sehr menschlich. Ich finde, dass diese Darstellung doch noch einmal ganz anders wirkt als das Original. Wir bekommen so eine Vorstellung davon, wie die Menschen der Antike dieses Bildnis gesehen haben könnten.
Die Bemalung des Reliefs
Leider wissen wir nichts über die künstlerische Qualität der Original-Bemalung. Was in Göttingen zu sehen ist, finde ich toll. Aber es ist nicht auszuschließen, dass die antiken Maler noch zu viel fotorealistischeren Bildern in der Lage waren. Das können moderne Künstler ja auch. Eine ungefähre Vorstellung der künstlerischen Fähigkeiten antiker Künstler bekommen wir durch Fresken und Mosaiken, welche die Jahrtausende überdauert haben. Die nachdenkliche Athene war ein Weihegeschenk. Es darf vermutet werden, dass hier höchster Aufwand betrieben wurde, um es möglichst prachtvoll auf die Mitmenschen wirken zu lassen.
Zur Geschichte des Reliefs
Gefunden hat man das Relief auf der Akropolis. In der Antike war es Teil des Dekors des Parthenon-Tempels. Vermutlich handelte es sich um ein Weihe-Relief.
Die nachdenkliche Athene ist ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes Griechenlands. Das Relief zeigt die Göttin in einer Weise, die man nicht allzu oft sieht.
Jedes Jahr sehen sie Tausende von Besuchern aus der ganzen Welt, wenn sie das Akropolis-Museum besichtigen.
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