Griechenland

Die Armut ist real in Griechenland

Die Armut bleibt in Griechenland ein ganz reales Thema. Auch als Tourist musst Du die Augen nur richtig aufmachen und Du wirst sie sehen.

Die Welt hat vor einiger Zeit berichtet, dass fast die Hälfte der griechischen Landbevölkerung von Armut betroffen ist. Ob der Anteil armer Menschen so hoch ist, kann ich selbst nicht beurteilen. Aber ich habe in Griechenland schlimme Armut gesehen. Das Thema ist real.

Athen: Ein alter Mann durchsucht den Müll
Athen: Ein alter Mann durchsucht den Müll

Nach einer aktuellen Meldung sind in Griechenland etwa 3 Millionen Menschen akut armutsgefährdet. Zahlen des deutschen statistischen Bundesamtes bestätigen dies. Zumindest vor der Corona Pandemie war aber eine Besserung gegenüber der Armutssituation zu Zeiten der Finanzkrise. Die Zeitung Junge Welt berichtete Anfang diesen Jahres, dass mehr als 26% der Bevölkerung von Armut / Ausgrenzung bedroht seien. Bei Frauen liege der Anteil sogar bei 28%.

Armut betrifft ganz erheblich ältere Menschen in Griechenland. In Athen habe ich selbst des Öfteren beobachtet, dass – vor allem ältere Menschen – den Müll durchsuchen oder auf der Straße ihre letzten Habseligkeiten anbieten. 

Im Juni 2018 verkündeten Politiker in Athen, Brüssel und den europäischen Staaten, dass die griechische Finanzkrise vorbei sei. Die Situation ist für sehr viele Menschen aber nach wie vor schwierig. Nach dem, was ich gesehen habe, bin ich sehr skeptisch. Unverkennbar geht es aber mit der Wirtschaft in Griechenland bergauf. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland sprach im August 2023 gar von einem Comeback des früheren Krisenstaats.

Meine persönliche Einschätzung: Mit dem Euro darf nichts mehr schief gehen. Die Folgen der Corona Pandemie und des Ukraine-Krieges sind auch in Griechenland zu spüren. Sollte die Währung ins Schlingern kommen, schlägt das sofort durch. Das Land braucht die Stabilität des Geldes, um sich weiter in die richtige Richtung entwickeln zu können.

Rückgang der Arbeitslosigkeit

Immerhin ist nach Zahlen des statistischen Bundesamtes ein deutlicher Rückgang bei der Arbeitslosenstatistik zu verzeichnen. Die lag zur Hochzeit der Finanzkrise in 2013 bei stattlichen 27,48%. Für 2023 gibt das Bundesamt eine Quote von 10,83% an. Diese Zahlen sind noch vorläufig. Aber der Trend ist deutlich und in den nächsten Jahren erwarten die Statistiker einen noch weiteren Rückgang.

Das Programm Wohnen und Arbeiten für Obdachlose

Die griechische Regierung hat am 12. Dezember 2022 ein Programm vorgestellt, mit dem Obdachlosen geholfen werden soll. Das Motto lautet „Wohnen und Arbeiten für Obdachlose.“ Darüber hat enikos.gr berichtet. In ländlichen Regionen ist mir Obdachlosigkeit nicht aufgefallen. Allerdings ist sie in Ballungszentren Athen und Thessaloniki nicht zu übersehen.

Piräus: Menschen ohne Obdach übernachten am Hafen
Piräus: Menschen ohne Obdach übernachten am Hafen

Das Foto, das Ihr zu diesem Beitrag seht, habe ich im Herbst 2016 in Piräus gemacht. Eine größere Familie campierte auf einer Rasenfläche. Das waren eine Rücksackurlauber. Das waren Menschen, die kein anderes Zuhause hatten.

Das Programm steht diesen Gruppen offen:

  • Familien und Einzelpersonen, die in Übergangsheimen für Obdachlose und Wohnheimen untergebracht sind
  • Personen, die von den Sozialdiensten der Gemeinden als obdachlos registriert sind und auf der Straße oder in ungeeigneten Unterkünften leben
  • Frauen, die in Unterkünften für Gewaltopfer untergebracht sind und keinen Zugang zu einer Wohnung haben
  • Menschen, die in vorübergehenden Unterkünften der sozialen Wiedereingliederungseinheiten von zertifizierten Behandlungsprogrammen für Suchtkranke untergebracht sind.

In ausgesuchten Gemeinden in ganz Griechenland wird diesen Menschen ein Hilfsangebot gemacht.

Dieses Angebot bietet folgendes:

  • Mietzuschuss für zwei Jahre.
  • Deckung der Grundkosten für Haushaltsgeräte und Bezahlung von Stromrechnungen.
  • Zuschuss zum Lohn und zu Sozialversicherungsbeiträgen für ein Jahr um Arbeit bei einem privaten Arbeitgeber zu finden oder eine Selbständigkeit aufzubauen.
  • Psychosoziale Unterstützung

Vom Pilotprojekt zum Regelprogramm: So hilft Griechenland den Obdachlosen

Zunächst startete ein Pilotprogramm in 43 Gemeinden. Funktionierte es, sollte es zu einem dauerhaften Instrument der Sozialpolitik werden. Jetzt ist es soweit.

Zwei Ziele verfolgt das Programm.

  • Einmal sollen Wohnungslose ein Zuhause bekommen.
  • Zum anderen sollen die Menschen bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben unterstützt werden.

Wie dieses Programm wirkt, kann ich nicht aus eigener Anschauung beurteilen. Ich hoffe nur, dass es kein „Umverteilungsprogramm in die richtigen Taschen“ ist, wie wir es mit derartigen Programmen in Deutschland leider manchmal sehen müssen.

Zumindest der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis spricht Worte, die hoffen lassen:

Die wahre Sensibilität eines Staates zeigt sich in der Energie und den Ressourcen, die er für die Bedürftigsten aufbringt, seien es Obdachlose, HIV-Positive oder Drogenabhängige, unsere Mitbürger, die aus verschiedenen Gründen die Unterstützung des Staates mehr als alle anderen brauchen. Und die große Stärke dieses Programms besteht gerade darin, dass es Schutz, eine Decke über dem Kopf, mit Arbeit verbindet. Denn letztlich kann die Unterbringung allein das Problem nicht lösen, es sei denn, wir geben diesen Bürgern das Gefühl, dass sie wieder auf die Beine kommen können. Und letztlich ist die Arbeit das Einzige, was diesen Mitbürgern die Würde zurückgeben kann, die ihnen fehlt.

Da klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Ich hoffe, dass der griechische Staat dieses Ziel auch wirklich erreicht. Immerhin zeigt die Entwicklung bei der Arbeitslosigkeit, dass es in die richtige Richtung geht.

Roland Richter

geboren 1969 in Hannover, Jurist und Griechenland-Fan

2 Gedanken zu „Die Armut ist real in Griechenland

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