Geschichte

Das Grabrelief der Hegeso

Heute schlage ich eine Brücke von Berlin nach Athen. Es geht um ein Grabrelief, das etwa um 400 vor Christus geschaffen wurde. Die vielen Jahrhunderte seit der Antike hat es auf dem Kerameikos in Athen überdauert. Es wurde für eine Frau mit dem Namen Hegeso errichtet.

Das Grabrelief der Hegeso auf dem Kerameikos in Athen
Das Grabrelief der Hegeso auf dem Kerameikos in Athen

Auf dem Relief sehr Ihr die Verstorbene auf der rechten Seite. Sie sitzt auf einem Klismos, dem traditionellen Stuhl in Griechenland. Hegeso trägt ein sehr dünnes Gewand. Ich erkenne ein Unterkleid, das man Chiton nennt. Darüber trägt sie eine Art von Mantel.

Ihr Kopf ist geschmückt. Drei Bänder halten einen Kopfschmuck. Ihre welligen Locken sind hochgenommen und von einem Haarnetz bedeckt.

Beide Hände scheinen durch etwas verbunden zu sein, Was genau sich dort befunden hat, können wir aber nicht mehr sehen.

Das Grabrelief der Hegeso in der Abgusssammlung antiker Plastik in Berlin Charlottenburg
Das Grabrelief der Hegeso in der Abgusssammlung antiker Plastik in Berlin Charlottenburg

Auf dem Kopf trägt Hegeso einen durchsichtigen Kopfschmuck aus drei Bändern, die welligen Locken sind nach hinten zusammengefasst, hochgenommen und von einem Haarnetz bedeckt. Zwischen den Fingern der linken und der rechten Hand hält sie eine Kette oder ein Band, das vormals aufgemalt war, heute aber nicht mehr erhalten ist.

Interessant finde ich die Füße. Hegeso trägt Sandalen, deren Riemen aber fehlen.

Dass wir nicht sehen, was zwischen den Händen ist, hat dieselbe Erklärung wie die fehlenden Riemen der Sandalen. Das Grabrelief war früher bemalt. Die Farbe ist über die Jahrhunderte vergangen, und deshalb können die nur gemalten Details der Grabstele nicht sehen.

Gegenüber von Hegeso steht eine Frau, die nicht so vornehm gekleidet ist. Ich nehme an, dass es sich um eine Dienerin handeln dürfte. Sie hält etwas in der Hand, das ein Schmuckkästchen sein könnte. Ich vermute daher, dass Hegeso zwischen ihren Händen eine Schmuckkette gehalten haben dürfte.

Wer der Künstler war, der dieses Relief geschaffen hat, wissen wir nicht mit Sicherheit. Möglicherweise ist es Kallimachos. Das ist aber nur eine Spekulation, bislang konnte der Künstler nicht geklärt werden.

Der Kopf der Hegeso
Der Kopf der Hegeso

Dieses Grabrelief ist für mich eines der ganz wunderbaren Kunstwerke auf dem Kerameikos. Nichts erinnert an Tod oder Trauer. Wir sehen eine sehr würdevolle und lebendige Frau in Kleidungsstücken, die vermutlich auch heute noch sehr schön wirken würden. Ihre Ausstattung deutet darauf hin, dass sie einer vornehmen attischen Familie angehört haben dürfte.

Ihren Namen kennen wir aus der Inschrift, die oben am Relief angebracht ist. ΗΓΗΣΩ ΠΡΟΞΕΝΟ – Hegeso des Proxenos. Ob es sich um seine Frau oder seine Tochter handelte, bleibt dabei offen.

Wenn Ihr eine Replik des Grabreliefs sehen möchtet, müsst Ihr nur auf den Kerameikos in Athen gehen. Das Original steht im Archäologischen Nationalmuseum in der griechischen Hauptstadt. Es hat dort die Inventarnummer 3624.

Griechenlandfans aus Deutschland müssen aber nicht so weit reisen, wenn es nur um dieses Relief geht. Ihr könnt das Grabrelief der Hegeso auch in der Abgusssammlung Antiker Plastik in Berlin-Charlottenburg sehen.

Roland Richter

geboren 1969 in Hannover, Jurist und Griechenland-Fan

3 Gedanken zu „Das Grabrelief der Hegeso

  • Pingback: Fotografieren in Griechenland – Hellas Blog

  • Ignatios

    Seit wann wird Ητα als e gelesen. Es ist langsam Zeit, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, um phonetisch die griechische Sprache richtig wiederzugeben.

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    • Vielen Dank für Deine Anmerkung. Im Neugriechischen ist η in der Tag ein I-Laut. Im Altgriechischen war es jedoch (sehr wahrscheinlich) ein lang gesprochenes E. Neugriechisch wird der Name IGISO ausgesprochen. Da vor dem Namen ΗΓΗΣΩ im Altgriechischen ein Spiritus Asper (ἩΓΗΣΩ) geschrieben wird, die die deutsche Umschrift des Namens als Hegeso jedenfalls nicht verkehrt.

      Antwort

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